Vor den verheerenden Auswirkungen des massiven Kaufs von überbewerteten TOP-Aktien hatten wir bereits in einem unserer vorherigen Leitartikel gewarnt. Wie toxisch sich die massive Überbewertung einer Aktie im Depot tatsächlich auf den FP einer AG auswirken kann, kann man aktuell am Beispiel der Butcher AG sehen. Doch dahinter steckt weit mehr als nur der Handel mit einer überbewerteten Aktie, es geht um einen weit verbreiteten Statistikbetrug.
Für erfahrene Marktteilnehmer ist das nichts Neues, der Indexhighscore lässt sich sehr leicht durch kurzfristig herbeigeführte FP-Abstürze und darauf folgende FP-Restaurierung wunderbar manipulieren. Grund dafür ist die momentane Berechnung des FP30, der abstürzt sobald man sich massiv überbewertete Aktien ins Depot legt und wieder hochschnellt, wenn man diese Aktien wieder veräußert hat. Die Folge ist eine massiv erhöhte Punktzahl im AG-Highscore und dadurch auch im entsprechenden Indexhighscore, da das System am Ende nur das scheinbar exorbitant erscheinende Wachstum des FPs berücksichtigt, den vorherigen FP-Einbruch aber ignoriert.
Seit dieser Zusammenhang bekannt ist sind sich viele AGs oder sogar ganze Indizes nicht zu schade ihn auch auszunutzen. Die Vorgehensweise gewinnt noch dadurch zusätzlich an Attraktivität, dass sie durch die Spielregeln nicht explizit verboten ist. AGs und Indizes, die mit regulären Mitteln keine oder für ihren Geschmack nicht ausreichende Erfolge vorzuweisen hätten, bedienen sich dieses billigen Tricks, um sich einen lächerlichen Tanz um die ersten Plätze in den Highscores zu liefern. Wie so oft bei Betrügereien dieser Art geht es um Prestige und bei mancher AG zusätzlich auch um die „wachstumoptimierenden“ 1.000€ pro Tag für den 1.Platz im Indexhighscore.
Bei vielen AGs auf den ersten Plätzen des Highscores ist diese Vorgehensweise leicht zu erkennen, sichtbar durch kleine, nach unten weisenden FP-Spitzen im Chart. Beispiele hierfür sind die JB Holding im SAX oder die bereits erwähnte Butcher aus dem VVV-Index. Sehr beliebt für die Durchführung dieses Tricks ist auf Grund ihrer massiven Überbewertung und damit garantiert FP-toxischen Wirkung die TOP-Aktie.
Ein Index, der diese Methode so massiv anwendet wie kein zweiter ist der von Wilbur gegründete und inzwischen von Fairplay geführte Newcomer-Index, „wundersamerweise“ schon seit langem auf Platz 1 des Indexhighscores. An der überragenden Performance jedes seiner Mitglieder liegt das nicht unbedingt: Die charakteristischen FP-Spitzen treten im aktuellen Zeitraum bei der Sauron AG (102814), Fairplay (103510) , Forstwirtschaft (101991), Sport TV (103964) und Invest Xpert AG (102725) auf, also bei der Hälfte der 10 Indexmitglieder. Es ist nicht auszuschließen, dass sich auch die restlichen Indexmitglieder dieser Methode in der Vergangenheit bedient haben, auf Grund der nur einen Monat zurückreichenden Aufzeichnungen ist dies heute nicht mehr sichtbar. Da der Index jedoch schon sehr lange auf Platz 1 des Indexhighscores steht, liegt diese These nahe.
Zwar hält sich die TOP AG selbst aus diesem Spiel vordergründig heraus, entsprechende FP-Spitzen sind nicht erkennbar, aber jemand muss den AGs ja ihre TOP-Aktien zu 722,01€ abkaufen, nachdem sie zu 722,00€ verkauft wurden. Es spricht einiges dafür, dass dieser bei jeder Transaktion ein kleines Taschengeld auf Kosten seiner Indexkollegen verdienende Handelspartner stets Wilbur mit seinem Privatdepot ist. Vermutlich werden die Indexkollegen dafür mit den 1.000€ Zusatzeinkommen aus dem Indexpreisgeld entschädigt.
Alles was nicht verboten ist, ist erlaubt und schließlich schadet man mit diesem Vorgehen niemandem, oder? Richtig, aber hat man als Mitglied der Börsenaufsicht nicht eine gewisse moralische Vorbildfunktion und sollte Schwachstellen in der Börsenmechanik ausmerzen helfen, anstatt sie zu instrumentalisieren? Kann man es anderen Indizes verübeln, wenn diese sich derselben schmutzigen Tricks bedienen um sich (vermeintliche) Vorteile zu verschaffen?
Am Börsenmarkt ist sich jeder selbst der nächste, daher wäre es blauäugig anzunehmen jeder Akteur an der Börse sei souverän genug solche Schwachstellen nicht ausnutzen zu müssen. Dieser andauernden und in gewissen Kreisen systematisch praktizierten Manipulation der FP-Highscorewerte muss endlich durch eine Neuberechnung des FP30 ein Riegel vorgeschoben werden. Es wird Zeit, dass die Börsenaufsicht aktiv wird und eine Neujustierung des Systems auf den Weg bringt. Direkt schadet es keinem, aber der Index- und der AG-Highscore wäre wesentlich glaubwürdiger, wenn diese Lücke im System endlich geschlossen würde. Bis dies geschehen ist könnte man eine Suspendierung der Preisgelder im Indexhighscore in Erwägung ziehen, um wenigstens den finanziellen Anreiz für die Punktemanipulation, und sei er auch noch so klein, vorerst auszuschließen.
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