Von Schlagseite zu Schlagsahne

A_Costa_Concordia_kiemeléseEin breit gefächertes Depot ist für viele die Grundlage ihrer Strategie. Die Vorzüge eines Depots mit vielen verschiedenen Wertpapieren liegen auf der Hand: Das Risiko ist auf mehrere Schultern verteilt, man hat mehr Handelsmöglichkeiten und mit etwas Glück hat man den neuen Shooting Star als Longhold schon vor dem Abheben im Depot. Was nun, wenn man ein Depot hat, wo einzelne Titel soviel Anteil haben, dass das ganze Depot Schlagseite bekommt? In diesem Artikel stellen wir Möglichkeiten vor, wie man ein Depot wieder breiter aufstellt ohne große Verluste dabei zu erleiden.

Von K-MScheuer und JohnDahl

Das breite Depot

Der erfahrene Börsenguru weiß: Ein breites Depot ist Grundlage einer ausgewogenen Strategie. Wo ein sehr einseitiges Depot massive Verluste hinnehmen muss, gleichen sich im diversifizierten Depot die Verluste durch die Gewinne anderer AGs aus. Bei richtiger Gewichtung sind aber auch gute Gewinne möglich. Das Risiko wird auf eine Vielzahl von AGs verteilt. In der Folge ist die eigene AG stabiler und wendiger. Müssen Barmittel generiert werden, können eine Vielzahl von Aktien verkauft werden. Günstige Gelegenheiten finden sich aber auch im eigenen Depot. Tut sich bei einer einzelnen AG beim Kurs wenig, ist das kein Beinbruch, denn man hat noch genügend andere Wertpapiere zum handeln in der Hinterhand. Eine einzelne Position sollte nie mehr als 20% des Depots ausmachen. Mehr noch: Einstellige Prozentzahlen sind anzustreben.

Eine AG, deren Depot nur aus einigen wenigen Titeln besteht, hat hier deutliche Nachteile: Sie ist völlig von der Entwicklung jener AG(s) abhängig und muss im schlimmsten Fall in einem fallenden Trend abverkaufen. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Vielzahl der AGs gerade die beste AG im Depot gelandet ist, ist sehr gering. Wahrscheinlicher ist, dass die große Position im Depot die eigene Entwicklung hemmt und der Spielspaß auf der Strecke bleibt. Das Depot hat dann ordentlich Schlagseite.

Raus aus dem Schlamassel

Damit das Depot nicht kentert, gibt es verschiedene Möglichkeiten sein Depot wieder zur Crème de la Crème des Aktienmarktes zu machen. Von Schlagseite zu Schlagsahne – wir zeigen, wie es geht.

Verschiedene Varianten der Depotbereinigung

Bevor man sich an die Lösung des Problems macht, muß man zunächt feststellen, wie es dazu kommen konnte: Wie ist die Schlagseiten-Position entstanden und wie ist sie beschaffen?

Insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen treten wegen des allgemein geringeren Gesamtvermögens nicht selten Fälle auf, in denen eine Großposition mit geringen Ausfallkosten abzuwickeln ist: Wurde beispielsweise in nennenswertem Umfang eine Kapitalerhöhung einer AG ähnlicher Größenklasse gekauft, deren Kurse konstant über dem FP rangieren, kann die Position sukzessive durch einfache Gewinnmitnahmen reduziert werden – die einzige Schwierigkeit besteht hier darin, sich zu überwinden, das auch zu tun.

Wesentlich häufiger sind allerdings Fälle von „Depotsklerose“: Aktien von Großunternehmen sind im Regelfall zu erheblichen FP-Abschlägen zu erhalten, ein wesentlicher Anreiz zum Erwerb solcher Positionen besteht folglich in dem unmittelbaren FP-Gewinn, der bereits am Tag des Kaufes zu Buche schlägt. Werden solche Aktien anschließend nicht zum Daytrading benutzt, sondern gehalten, folgt die Ernüchterung auf dem Fuße, wenn sie verkauft werden soll: Was vorher als FP-Gewinn stehen blieb, fiele jetzt an Verlust an, weswegen die Papiere in der Regel weiter gehalten werden oder die fragliche Position sogar noch ausgebaut wird. Der langfristige Schaden dieses Vorgehens besteht nicht nur in einem ohne Not verminderten Wachstum, sondern hauptsächlich in der Handlungsunfähigkeit.

Der Sell-Off
Der markttechnisch einfachste, aber psychologisch anspruchsvollste Weg ist der Sell-Off. Technisch einfach, weil die Aktien einfach auf den Markt geworfen werden müssen; psychologisch vertrackt, weil die erheblichen Verluste, die dadurch anfallen, akzeptiert und „abgeschrieben“ werden müssen – das klingt leichter, als es ist. Passen die Verkaufsvolumina nicht zur Käuferseite, besteht die Gefahr eines zu hohen Verkaufsdrucks, der die Kurse sinken und damit die FP-Verluste des Verkäufers in die Höhe schnellen lässt.

Der Vorteil des Sell-Offs liegt in seiner Schnelligkeit, seiner Einfachheit und in dem Umstand, dass er sehr schnell erhebliche Cashbestände mobilisieren kann, die dann wiederum rentabler investiert werden können. Der Königsweg ist er freilich nicht.

Der Fade-Out
Weit besser ist da schon eine Technik, die die FP-Verluste aus dem Abverkauf neutralisiert oder zumindest mildert: Die erwarteten FP-Verluste aus dem Verkauf der Position sollten am Verkaufstag mit FP-Gewinnen aufzurechnen sein. Woher kommen die Gewinne? Hier bieten sich verschiedene Varianten an:

  • Beim Bond Fade-Out werden Anleihen gezeichnet, deren Zinserträge bei Fälligkeit genutzt werden, um den FP-Verlust des Abverkaufs zu annullieren. Wird das Anleihendepot so aufgestellt, dass jeden Tag eine Anleihe zur Auszahlung fällig wird, kann der Abverkauf sehr schonend gestaltet werden.
  • Der High Yield Fade-Out stützt sich ähnlich wie der Bond Fade-Out auf eine zweite Assetklasse. Man verwendet die Gewinne aus Zertifikaten, um am gleichen Tag die Verluste aus dem Abverkauf der Aktien zu mindern. Im Gegensatz zum 0%-Risiko beim Bond Fade-Out ist der High Yield Fade-Out hochriskant. Da aber mit Zertifikaten in sehr kurzer Zeit auch sehr hohe Gewinne erzielt werden, kann er ein probates Mittel darstellen, um die Abverkäufe zu beschleunigen. Dazu muss am Markt aber auch genügend Buy-Druck da sein, um entsprechend stark abbauen zu können. Andernfalls sorgen gewonnene Barmittel aber auch zu einem prozentualen Rückgang des Aktienblocks. Der FP profitiert also auch beim Verzicht auf den Verkauf. Entsprechend düster sieht es aber bei einer Fehlspekulation am Zertifikatsmarkt aus: Ohne auch nur eine Aktie verkauft zu haben, sackt der FP ab, Barmittel für einen Bond oder High Yield Fade-Out fehlen dann.
  • Der Pair Fade-Out benutzt dagegen die Gewinne aus dem Pair Trading (siehe Gewinne auch in schwierigen Marktlagen mittels Pair Trading) zur Verlustbereinigung. Während dieser Art des Fade-Outs bleibt das Depot vollinvestiert,  man braucht keine Barmittel, sondern investiert durch den Verkauf freigewordenes Geld wieder in günstige Aktien.  Im besten Fall verkauft man Aktien prozentual zu ihrem FP höher als man andere zukauft. Dies kann aber (je nach Marktlage) dazu führen, dass sich die große Aktienposition noch vergrößert, weil diese Aktien besonders günstig zu erwerben sind. Da wir unsere Schlagseite nicht noch vergrößern möchten (zugegeben: es wäre kurzfristig FP-steigernd), suchen wir vergleichbare Aktien, die ähnlich günstig verkauft werden, wie bei unserer großen Aktienposition zugekauft wird. Steht also z.B. bei unserer großen Aktienposition eine Kauforder 30% unter FP, bei einer ganz ähnlichen AG aber eine Verkaufsorder zu 29%, kann hier mit nur 1% FP-Verlust umgeschichtet werden. Performt die AG sogar besser, kann dieses Prozent auch schnell wieder reingeholt werden. In jedem Fall haben wir, ohne unser Depot zu verschlechtern, es breiter aufgestellt.

Der Talk-Out
Bei dieser Variante untersucht man die Aktionärsstruktur der AG und tritt mit anderen Großaktionären in Verhandlungen. Haben die Großaktionäre größere Barmittel, sind sie oft an einem Kauf der Aktienposition oder eines Teils davon interessiert. Auch wenn der Großaktionär nicht über Barmittel verfügt, findet sich in seinem Depot vielleicht eine Position, die man eintauschen kann. Ein wenig Geld sollte dann bei einem der beiden Verhandlungspartner vorhanden sein, sonst wird der Aktientausch schwierig. Je nach Verhandlungsgeschick, kann der Verlust gering gehalten werden oder sogar ein Gewinn erzielt werden. Gerade beim Aktientausch sind oftmals fp-neutrale Bereinigungen möglich. Wichtig ist, dass man nicht unverschämt ist und auch bereit ist, einen kleinen Verlust hinzunehmen. Man sollte nicht versuchen den Geschäftspartner über den Tisch zu ziehen. Denn wichtiger als einen guten Gewinn zu erzielen, ist es unser Depot zu bereinigen.

Der Prop-Out

Die Essenz des Aktienmarktes ist der Handel mit Aktien. Bei dieser Variante wird stark auf Eigenhandel (engl. proprietary trading) gesetzt. Hierfür benötigt man eine zum täglichen Handelsvolumen der Aktie passende Menge Bargeld. Man versucht mittels Daytrading (siehe Daytrading: Die Jagd nach dem schnellen Geld) Gewinne mit der Aktienposition zu erwirtschaften, die man in andere stark wachsende Aktientitel investiert. Dazu stellt man den ganzen Handelstag über Buy- und Sellorders bei der AG und versucht am Spread zu verdienen. Das Ziel sollte sein, Aktien, die man erworben hat, am gleichen Tag wieder zu verkaufen. Ob die AG über oder unter FP steht, spielt wie beim Pair Trading keine Rolle. Man muss nur marktüblich handeln und sollte keine Positionen über den Handelstag stehen lassen, da es sonst zu Verzerrungen des eigenen FPs kommt. Die Aktienposition verringert sich in ihrer absoluten Größe bei dieser Variante zwar nicht, aber da Gewinne generiert werden, sinkt der prozentuale Anteil stetig ab.

Der Cap-Out

Eine Kapitalerhöhung birgt eine Reihe an Möglichkeiten den prozentualen Anteil einer Aktienposition zu verringern. Die einfachste ist dabei die „klassische“ Kapitalerhöhung bei der Investoren Barmittel in die AG einbringen. Der Wert der AG steigt, der Anteil der alten Positionen im Depot sinkt. Hat man eine gute Beziehung zu seinen Aktionären, einen guten Draht zu möglichen Neuinvestoren mit genügend Bargeld oder einfach einen guten Ruf am Markt, kann diese einfache Karte gezogen werden. Von Vorteil ist hierbei, wenn es wenig frei gehandelte Stücke am Markt gib und die KE nicht zu teuer angesetzt werden kann (siehe Knorffs Kurztipps: Checkliste Kapitalerhöhung).

Ist die AG schon recht groß geworden und deswegen die Aktienposition nicht mehr so einfach zu verringern, bieten sich Abwandlungen des Cap-Outs an. Z.B. kann man den aus dem Talk-Out bekannten Aktientausch auch mit einer KE kombinieren. Hierzu kauft man die KE eines anderen Marktteilnehmers unter der Bedingung, dass er wiederum Aktien unserer Aktienposition, die wir verringern möchten, kauft. So tauschen wir Aktien aus unserem Depot gegen Aktien aus der KE des anderen. Wer sein Depot verbreitern will, baut eher 50% der Position als 100% ab.

Fazit

Je schneller das Depot bereinigt werden soll, umso höher sind die möglichen FP-Verluste. Wer es schnell und einfach haben will, greift zum Sell-Off und schreibt seine Verluste direkt ab. Wer sich mit Zertifikaten auseinander setzen will/kann, greift zum riskanteren, aber bei guter Spekulation verlustfreien, High Yield.  Risikoarm, aber von der Nachfrage stark abhängig, ist der Pair Fade-Out. Die richtige Variante für Premiumspieler mit Geduld. Wer einen guten Kontakt zu den anderen Großaktionären hegt, kann mit dem Talk-Out eine einfache, schnelle und günstige Variante finden. Für Spieler mit hoher Onlinezeit bietet sich an auf die Daytrading Variante Prop-Out zu setzen. Wer eine sehr große Aktienposition verringern möchte und eine große AG besitzt, für den ist der Cap-Out die richtige Wahl.

VarianteDauerRisikoFP-VerlustSchwierigkeit
Sell-Offkurzhochhochleicht
Bond-Fade-Outlanggeringkeinerleicht
High Yield Fade-Outkurzhochkeiner bis hochhoch
Pair Fade-Outlangkeinskeiner bis geringmittel
Talk-Outmittelgeringkeiner bis geringhoch
Prop-Outmittelmittelkeiner bis geringmittel
Cap-Outkurzgeringgeringleicht

2 comments for “Von Schlagseite zu Schlagsahne

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