Von Zwergen und Riesen

381px-Louis_Huard_-_Giant_Suttung_and_the_DwarfsRiesen, Pfeffersäcke, Kapitalkraken…so und so ähnlich tituliert die Fachpresse gerne die Vorstandsvorsitzende monetär gut ausgestatteter Aktiengesesellschaften: Salz in die Wunden der kleinen Jammer-Börsianer. Dabei ist das Wachstum bis hin zu einer großen AG doch eine leichte Angelegenheit, möchte man meinen.
Eine Kapitalerhöhung reiht sich an die nächste und am Ende ist man selbst der mächtige Pfeffersack, den man eben noch verteufelte. Die Macht, das Wachstum, der Geldberg, alles ist möglich und erscheint unbegrenzt.
So oder so ähnlich erträumt es sich so mancher auf dem Börsenparkett. Wie auch der Marktinside-Redakteur JREwing in seinem neuesten Videobeitrag feststellt: Es ist nicht erstrebenswert einfach nur groß zu werden. Wichtig ist, dass man den Spaß am Spiel behält und die AG-Größe zum eigenen Können passt. Dennoch wächst man mit seinen Aufgaben und sollte sich bietende Chancen nicht ungenutzt verstreichen lassen. Wie wächst man nun angemessen? Wie unterscheidet sich das Spiel bei zunehmender AG-Größe von dem eines Newcomers? Diese und weitere Fragen sollen hier Antworten bekommen. Die folgenden Strategien sind keine vollständige Sammlung sondern sollen abseits der landläufigen Tipps zu neuen Denkweisen anregen.

 Aller Anfang ist schwer (0 – 10 Mio.)

Ob man Anfänger ist oder nicht, hängt weniger an der AG-Größe als am eigenen Können. Die hier angegebenen Größenordnungen sind auch deswegen nur als grobe Richtschnur zu werten und wachsen natürlich mit dem Gesamtmarkt auch mit. Als Anfänger steht man zuerst in einem Spiel mit sehr vielen Möglichkeiten, Chancen und Risiken. Alles ist schwer einzuschätzen, man orientiert sich an den Anfängerguides, Einsteigerartikeln und Videos und versucht irgendwie was richtig zu machen.

Der Klassiker

Diese Strategie ist der Standard-Tipp schlechthin im Spiel. Anleihendepot voll ausschöpfen, also möglichst schnell auf 8x100k-10-Tagesanleihen kommen. Damit sind schon mal ohne viel zu tun mit der AG 20-40% (je nach Glück mit sonstigen Investments) an Wachstum rauszuholen. Kombiniert wird das mit einem bunten Depot, viel Daytrading mit alten AGs und Langzeitinvestitionen in Newcomer. Zertifikate sind nicht zulässig.

Risiko: Gering bis nicht vorhanden. Anleihen sind risikoarm, wird gänzlich auf Anleihen verzichtet, ist es nicht vorhanden.

Chance: Blendend. Starkes Wachstum ist garantiert, verzichtet man auf Aktien ist aber auch wenig Erkenntnisgewinn garantiert. Für die persönliche Entwicklung eine Nullrunde, jedoch ist es den Investoren egal und kaufen fleißig den aufstrebenden Newcomer.

Akzeptanz beim Publikum: Sehr hoch. Man wird als vernünftiger, verlässlicher Partner wahrgenommen, der keine Risiken eingeht und trotzdem gut wächst.

Der KE-Pusher

Sehr beliebt bei erfahrenen Spielern, die nochmal neustarten. Insbesondere bei Vorstandsvorsitzenden, die gerade übernommen wurden, können zu finanzierende Kapitalerhöhungen Teil der Übernahmeverhandlungen gewesen sein. Der Plan ist folgender: Man möchte zu altem Glanz und Gloria gelangen, indem man einige sehr teure KEs aneinanderreiht, bis aus der kleinen 1-Mio.-AG eine stattliche AG mittlerer Größe erreicht wurde.

Risiko: Die Strategie ist gefährlich. Bricht das gute Verhältnis zum Großaktionär, droht die Übernahme. Verpasst der Investor das Zeichnen der KE, droht sogar eine von einem gänzlich nicht beachteten Mitspieler.

Chance: Sehr hoch, was die Größe angeht. Da man ja schon Erfahrungen hat, sind die Investoren bereit Unsummen hinzulegen (gerne und oft auch an die Systembank).

Akzeptanz beim Publikum: Sehr niedrig. Man hat ja noch nichts geleistet, außer seine Investoren zu überzeugen. Die Masse will aber fantastische Fundamentaldaten sehen, die man wohl nur ke-induziert vorweisen kann.

Die Zerti-Rakete

Wenig genutzt, aber recht effektiv. Folgendes Vorgehen: Der junge Spieler steckt sein Geld größtenteils in Zertifikate und Anleihen. Er mischt also die riskanteste und die risikoärmste Assetklassen zu einem explosiven Gemisch. Er zeichnet abends regelmäßig Zertifikate mit dem niedrigeren Hebel, also der Seite, die dem Markt als wahrscheinlicher erscheint. Sind die Hebel recht ausgeglichen, verzichtet er auf ein Investment (außer es sind auf beiden Seiten Hebel über 2 vorhanden und damit sicherer Gewinn möglich). Er betrachtet, ob die Hebel den ganzen Tag so verteilt waren oder ob es viele Wechsel gab, was auf einen unsicheren Markt hindeutet. Bei hinreichender Sicherheit wird gezeichnet. Gewinne aus Zertifikaten und Anleihen werden in Zertifikate investiert. Bei Verlusten müssen die Anleihen das Wachstum hochhalten (bei einer kleinen 800k-AG prozentual durchaus massiv) und den nächsten Zertifikateanlauf finanzieren. Diese Strategie sollte nicht überreizt werden, sondern nur als erster großer Anschub genutzt werden

Risiko: Ohne Frage sehr hoch. Der Totalverlust ist jedoch nicht gegeben, weil man immer 800k im Sparstrumpf vorrätig hat.

Chance: Auch sehr hoch. Mit Zertifikaten sind leicht jeden Tag durchschnittlich 5% Wachstum drin. Das sind Werte, die große AGs oft im Monat nicht schaffen.

Akzeptanz beim Publikum: Von Applaus bis blanker Hass kann einen alles erwarten, je nach Glück am Roulettetisch. Wichtig ist, dass man rechtzeitig die Kurve kriegt und nicht zu gierig wird, dann kann man auch die Investoren begeistern und nach umgestellter Strategie noch einige KE-Millionen einsammeln.


Ahh, mein Wachstum (10 – 100 Mio.)

Als mittelgroße AG ist man nun am Markt angekommen. Man hat sich etabliert, vielleicht auch eine KE gemacht, man kennt sich aus und weiß, was man tut. Die Anleihen schieben, die Longholds gehen gut, bei den Newcomern naja gut, man kann nicht immer die Rakete erwischen, alles sieht rosig aus. Doch dann merkt man, der FP wächst immer schwächer, die Anleihen- und Longholdpositionen werden immer mehr, aber der Gewinn immer weniger. Ratlosigkeit und Verzweiflung machen sich breit. Zeit seine Strategie das erste mal anzupassen. Alle vorgestellten Strategien können kombiniert werden und stellen Teilaspekte einer Gesamtdepot-Strategie dar.

Auf’s lahme Pferd setzen

Ein Problem, was viele AGs in der Größe bekommen, ist, dass das Geld in den Longholds und Anleihen geparkt ist und eigentlich nur Geld reinkommt, wenn die Anleihen auslaufen. Buy-and-Hold ist oft eine sichere, aber langweilige und auch nicht extrem erfolgreiche Strategie im Spiel. Logische Folge: Es muss mehr Handel her. Aber wo investieren? Alle guten AGs sind teuer, von den billigen hat man schon das Depot voll und die lahme Rendite huckepack übernommen. Eine einfache Möglichkeit besteht darin, die AGs zu kaufen, die kurz vor der Liquidation stehen. Man kauft die AG möglichst unter FP und BW und hofft auf das baldige Ableben. Das Geld kommt also schnell wieder und hat sich normalerweise auch gemehrt. Sehr komfortabel und kann schöne Extra-Gewinne bescheren.

Risiko: Gering. Das Depot kann in seltenen Fällen unter FP weggehen.

Chance: Auch nicht so hoch, aber über die Masse kann schon was zusammen kommen. Mit etwas Glück kommt der Spieler wieder und man hat sehr billig Aktien eines aufstrebenden Newcomers im Depot.

Akzeptanz beim Publikum: Wird nicht beachtet, aber da der FP profitiert, sind alle zufrieden.

Das Pferd abschießen

Die scharfgemachte Variante der Pferdewette bietet deutlich mehr Renditechancen. Der Anfang ist gleich: Man sucht sich i.L.-Kandidaten. Das war’s aber auch schon. Im Gegensatz zur vorherigen Variante interessiert der Kurs der AG wenig, denn man hat nicht vor in die AG zu investieren. Man hat es auf das Depot abgesehen. Man sucht sich Positionen, die man auch gerne sein Eigen nennen möchte. Fehlt nur noch der angemessene Preis. Eine AG mit wenig Buy-Orders bietet sich an, idealerweise hat man schon eine größere Position im Depot. Nun gilt es den möglichst exakten Liquidationszeitpunkt zu bestimmen. Man schnappt sich den i.L.-Kandidaten und sucht im KT-Auszug auf Hinweise von letzter Aktivität, addiert 7 Tage drauf und spekuliert auf eine Liqudidation zum nächsten :55-Zeitpunkt (oder dem übernächsten). Da der genaue Start der Liquidation vom System „erwürfelt“ wird, birgt das Ganze natürlich einen kleinen Nervenkitzel.

Pünktlich zur i.L. sollte der Kurs der AG, die man erwerben möchte, ordentlich gedrückt sein. Die Bank stellt die Aktien zum aktuellen Kurs rein und die Stücke wandern sehr günstig ins eigene Depot.

Risiko: Hoch. Es kann viel schief gehen: Der Spieler kommt nochmal on; es gab Aktivität, die man nicht sehen kann; der gedrückte Kurs steigt zum falschen Zeitpunkt; die i.L. findet eine oder zwei Stunden zu spät statt und und und.

Chance: Sehr hoch. Es können wenig gehandelte, sehr teure Aktien zu Spottpreisen ergattert werden.

Akzeptanz beim Publikum: Klar, der Aktionär der i.L.-AG wird mit Zornesröte auf den Tisch hauen. Die eigenen Aktionäre werden den Coup feiern. Mal wieder ist von Buhmann zum Volkshelden alles drin.

Dem Gaul die Sporen geben

Weil’s so schön war, noch eine Strategie für lahme Gäule vor der Zwangsschlachtung. Es ist immer wieder die gleiche Leier, man kauft den Newcomer teuer ein, er hat ein tolles Depot, ist aktiv und eine Woche später droht die Liquidation. Man hat auf’s gänzlich falsche Pferd gesetzt und steht nun vor einem Verlust. Nicht unbedingt. Mit etwas Glück wird die AG ja deutlich über FP liquidiert, dann wäre man nochmal fein raus. Wo das Glück fehlt, kann der Stratege selbigem auf die Sprünge helfen und das Depot der AG hochpushen. Da die Liquidation lange dauert, kann sich ein Investor erbarmen und teuer abkaufen.

Risiko: Niedrig. Das Risiko, dass die Aktien unter FP weggehen ist gesunken. Da man es selbst in der Hand hat mit wenig Volumen zu pushen, ist der Verlust kalkulierbar.

Chance: Hoch. Je länger die i.L. geht, umso höher die Chance, dass einer teuer zuschlägt.

Akzeptanz beim Publikum: Merkt keiner.

Rakete handgemacht

Man muss sich als gewachsene AG eines verdeutlichen: Man hat viel Erfahrung und diese ist was wert. Wie man aus Erfahrung Geld macht? Man teilt sie einfach. Am besten mit Vorstandsvorsitzenden junger AGs. Ein paar Zeilen geschrieben und Hilfe angeboten und schwupps landen Aktien dieser AG nach erfolgsversprechender Antwort im Depot. Hier kann man dann auch teuer zulangen, man will die AG ja betreuen und zu einer erfolgreichen Unternehmung führen.

Risiko: Mittel. Oftmals erweisen sich kooperative Neulinge als eigenwillige Spekulanten. Dem Erfolg nach Plan steht dann ein heftiger FP-Verlust nach „hups, da hab ich doch glatt das falsche gezeichnet“-Zertifikats-Ausflügen gegenüber.

Chance: Mittel bis hoch. Dass man den super-duper-Überspieler erwischt, ist reines Glück. Dass man den Start einer langfristig erfolgreichen AG begleitet aber recht wahrscheinlich, wenn man ein Gefühl entwickelt hat, welche Reaktionen wie zu deuten sind. Entscheidender Nachteil dieser Strategie ist der immense Zeitaufwand, aber der Samariter und AG-Spiel-Freund in einem bekommt einen wunderbaren Glückshormonausstoß.

Akzeptanz beim Publikum: Sehr hoch, man ist quasi der Sankt Martin des Parketts.


Endlich gr0ß (100 – 500 Mio.)

Man hat es durch harte Arbeit und die eine oder andere KE bis nach oben geschafft. Man ist bekannt, man ist beliebt und verhasst und kann den Markt entscheidend bewegen. Das einzige Problem: Die Rendite ist nur durch immer absurderen Zeitaufwand zu erwirschaften. So kann es nicht weitergehen!

Der KE-Onkel

Kleine AGs wollen schnell groß werden. Diese Gier nach Größe (ein Unwort, aber weil’s so schön ist…) kann man sich zu Nutze machen. Denn im Gegensatz zu den armen Schluckern hockt man selbst auf deinem Geldberg und weiß gar nicht mehr wo hin damit: Anleihen bringen nix ein, Zertis sind zu gefährlich und mit dem Volumen gar nicht mehr zu benutzen, die Angelernten verschlingen Stunden und werden frech, Daytrading und Newcomerinvestments darben auch an zu geringem Volumen. Also: Rein in die KEs. Möglichst billig ist natürlich das Ziel, aber schwer zu erreichen, also muss man in teure KEs so investieren, dass man trotzdem mit Gewinn rauskommt. Z.B. in dem man mit dem VV gleich mehrere KEs ausmacht, aber nur in die erste investiert, die zweite soll dem FP-Gewinn des Großaktionärs dienen.

Risiko: Mittel. Anfangs geht der FP runter, später kann er steigen, muss aber nicht. Je nachdem ob die KE kommt und ob diese abgenommen wird. Wichtig ist es, KE-Preise zu finden, die vom Markt akzeptiert werden, sonst war’s ein teurer Longhold. Eine weitere Gefahr besteht in Spielern, die zu schnell gewachsen sind und ihre AG lange Zeit nicht gewinnbringend führen können. Die Strategien anzupassen ist essentiell und Bargeld muss vorsichtig investiert und das Depot mit Bedacht umgeschichtet werden. Wer hier wie die Axt im Walde agiert, hektisch und schnell wie mit einer kleinen AG handelt, wird ordentlich Verluste erzeugen.

Chance: Mittel bis hoch. Die Gewinne der zweiten KE müssen erstmal die Verluste der ersten ausgleichen, weswegen extreme Gewinne insgesamt nicht zu erwarten sind. Trotzdem kann man einen Gewinn machen und mit etwas Glück einen Spieler gefunden haben, der exzellent mit einer großen AG umgehen kann.

Akzeptanz beim Publikum: Ganz unterschiedlich. Es kann sein, dass es unbeachtet wird, aber auch Sippenwirtschaft oder Klüngelei können als Vorwürfe genannt werden. Andere wiederrum loben die Unterstützung kleinerer AGs.

Die Heuschrecke

Übernahmen sind überbewertet. Speziell Newcomer haben hier seltsame Hollywood-Vorstellungen: „Ich kaufe solange zu, bis ich den Sack vom Parkett hole“. Tja, die Wirklichkeit sieht anders aus. Die meisten Übernahmen sind freundlich, also abgesprochen. Hier kann man sich ein entsprechendes Image aufbauen, dass man unkompliziert behilflich ist und sichere Gewinne einfahren. Viel lukrativer kann die feindliche Übernahme sein, die aber sehr schwierig durchzuführen ist. Idealerweise hat man schon einen großen Anteil an der AG über 50%. Wichtig ist, dass man 48 Stunden lang den Kurs unter FP hält und die AG möglichst keine Aktien der eigenen AG im Depot hat (außer man will sich bewusst gesundschrumpfen). Der Kurs muss ohne viel Aufsehen zu erregen mit kleinen Volumina niedrig gehalten werden, um dann kurz vor 23:55 Uhr (damit der VV nicht noch schnell die AG gegen die Wand setzt) zuzuschlagen. Idealerweise braucht man nur die Anteile von 1-2 weiteren vertrauenswürdigen Großaktionären, die die Stücke per Terminorder passend verhökern.

Risiko: Sehr hoch. Eine feindliche Übernahme ist hier eine Königsdisziplin. Es sind sehr viele Faktoren zu beachten, gutes Timing und Glück sind sehr entscheidend. Wenn man es schafft unter dem Radar zu fliegen und mit Überraschung eine Übernahme zu vollführen, darf man sich zurecht auf die Schulter klopfen. Dann hat man zwar einem Spieler die AG geraubt, was durchaus moralisch verwerflich ist, aber man hat eines der schwierigsten Manöver im Spiel meisterhaft gelöst.

Chance: Niedrig. Feindliche Übernahmen sind selten gewinnbringend und wenn, sind extreme Gewinne nicht zu erwarten, da man nicht stark unter FP übernehmen kann.

Akzeptanz beim Publikum: Niedrig. Wer mag schon Spieler, die andere rauskegeln?


Am Limit (>500 Mio.)

Hier oben wird die Luft ganz dünn. Von Todeszone zu sprechen ist übertrieben, aber der große Aufstieg ist nicht mehr machbar. Man ist halt fast oben am Everest und jeder Meter mehr zerht doppelt an der Substanz. Man hat bewiesen, dass man was drauf hat, hat Investoren begeistert und den einen oder anderen Skandal erlebt. Man wird beneidet und gefürchtet, aber auch bewundert und um Rat gebeten. Alles ist super, aber die Perfomance kommt nicht mehr in Gang. Vielleicht war die letzte KE zuviel des Guten?

Der Lückenfüller

Das Depot ist einseitig geworden. Zwangsläufig hat man einen Großteil in andere Kapitalriesen investiert und hat nun ein Depot, das kaum vor und zurück geht. Verkäufe gehen nur mit starken Verlusten, die Diversifikation leidet, man trauert den Zeiten der guten FP-Wachstumswerte hinterher. Aber nicht verzagen, man muss nur wieder mal seine Strategie anpassen. Man muss das ganz nüchtern betrachten: Schmale Depots sind immer wenig erstrebenswert. Man hat wenig Möglichkeiten und hängt von der Perfomance weniger AGs ab. Passives Partizipieren ist was für Buy-and-Holder, aber wir wären nicht so groß geworden, hätten wir nur faul rumgesessen. Also Ärmel hoch und angepackt. Das Problem ist doch, dass es an Investitionsmöglichkeiten fehlt. Also gilt es welche zu schaffen. Verhandlungen mit AGs im 100-500 Mio. Bereich sind angesagt. Bei einer Verdopplung der Aktien kann man sich so ein mehrere 100 Mio. schweres Paket zusätzlich ins Depot legen. Die fehlenden Kapitalmittel macht man durch Verkauf von Aktien an die AG mit neuem KE-Kapital wett und lässt das Geld so ein paar Runden drehen, bis die KE durch und das Depot breiter aufgestellt ist.

Risiko: Niedrig. Gerade um das Risiko eines schmalen Depots zu verringern, hat man es auf breitere Beine gestellt. Kurzfristig kann der FP nachgeben, weil über FP gezeichnet wurde.

Chance: Mittel. Man hat seine großen Posten etwas abgebaut, aber partizipiert immer noch an ihnen über das Neuinvestment. Da man der AG aber so ein bunteres Depot verschafft hat, ist auch das Risiko gering, dass der Spieler das Geld in überteuerte AGs stopft. Eine schöne langfristige Beziehung kann sich etablieren.

Akzeptanz beim Publikum: Eher schlecht.

Der Index-Saboteur

Eine sehr gewitzte Strategie. Ausgangspunkt ist eine AG, die im AGSX vertreten ist, an der man viele Anteile hat, mit der man sich gut versteht und die sich übernehmen lassen möchte. Zusätzlich benötigt man möglichst viel Geld und einen AGSX, der auf jeden Fall morgen mit einem höheren Indexwert zu einem CALL führen wird. Weiterhin muss der Nachrücker, der in den AGSX aufsteigt, so schlecht sein, dass er den Gewinn aller anderen Teilnehmer auffrisst. Eine seltene Konstellation, aber bei langer Planung machbar. Es gilt, die AG möglichst spät am Tag zu übernehmen und tagsüber permanent PUT-Zertifikate zu kaufen, so dass der AGSX fällt und die PUT-Zertifikate einen Riesengewinn bescheren.

Risiko: Extrem hoch. Es muss alles passen, ein kleiner Fehler und schnell sind 200 Mio. in den Sand gesetzt.

Chance: Extrem hoch. Bei erfolgreicher Durchführung sind Gewinne im 9-stelligen Euro-Bereich drin.

Akzeptanz beim Publikum: Bei den Zertifikatsfinanziers herrscht Weltuntergangsstimmung, der Rest vom Markt, insbesondere der Teil, der gewinnt, wird laut applaudieren. Wegen der vorher geplanten Übernahme wird ein Shitstorm aber nicht ausbleiben.


Fazit

Die vorgestellten Strategien sind Tipps abseits des allgemein bekannten Trampelpfads. Sie sind besonders, weil sie starke Gewinne ermöglichen, aber auch viel Aufmerksamkeit erzeugen. Der gewiefte Spieler kann auf einen Fundus an Strategien für unterschiedliche Marktumstände und AG-Größen zurückgreifen. Er jammert nicht, sondern begreift neue Umstände als Chance und stellt sein Spiel um. Wer schnell durch große Kapitalerhöhungen wächst, beraubt sich dieser Erfahrung und ist in schwierigen Situationen hilflos. Nichtsdestotrotz ist eine deutlich größere AG auch immer ein spannendes Unterfangen: Was kann ich noch anwenden? Was bringt nichts mehr? Wo kann ich durch das viele neue Geld auch viel bewegen? Soll ich überhaupt noch Anleihen benutzen? Lauere ich auf Gelegenheiten? Wer performt in meinem Depot besser als sein Preis? Wie muss ich das Depot umschichten, um weiterhin effektiv aufgestellt zu sein? usw. Die Liste ist lang und alle Fragen lassen sich in solch einem Format nicht beantworten. Mit einer großen AG kommt auch eine große Verantwortung. Man hat das Verständnis und die Macht den Markt zu bewegen, kleinere AGs zu unterstützen und nimmt auch Opfer zu Lasten des eigenen FPs auf sich, wenn es dem Markt langfristig gut tut. Eine tolle Situation und auch ein erstrebenswertes Ergebnis eines langen Wegs. Dieser Weg sollte das Ziel sein und damit schließt dieser Artikel: Viel Erfolg beim Wachsen mit der eigenen AG.

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