Jeder hat es schon einmal erlebt: Die AG brummt, die Strategie geht voll auf und dann zeigt die unzähmbare Bestie (allgemeinhin auch als Der Markt bezeichnet) ihre Klauen. Gibt es jeden Tag immer neue Kurshöchststände und die FPs wachsen in den Himmel, funktionieren viele Strategien. Aber wenn die Bestie mal zuschlägt und Kurse und FPs in die Tiefe purzeln, versagen jene Strategien, die auf Streicheleinheiten des Marktes angewiesen sind. Dieser Artikel soll beschreiben, wie man auch bei allgemein pessimistisch-depressiver Marktstimmung gute Gewinne erwirtschaften kann. Von K-MScheuer und Knorff
Achtung: Für diesen Ansatz ist ein Premiumaccount erforderlich. Ohne Einsicht des FPs kann die Strategie auch mit dem Buchwert angewendet werden. Jedoch ist der Buchwert stärkeren Schwankungen unterworfen und kann leichter manipuliert werden. Empfohlen wird ein daher Premiumaccount.
Hintergrund
Eine gute Handelsstrategie benötigt vor allem eines: Handelsmöglichkeiten. Um sich selbst Handelsmöglichkeiten zu erschaffen, benötigt man ein Depot von hinreichender Breite. D.h. je mehr Titel, umso besser. Für den hier vorgestellten Arbitrage-Ansatz ist ein breites Depot jeglicher Ausprägung verwendbar. Dennoch bietet es sich an, das Depot vorab abzustimmen.
Die folgende Strategie kann man sich als eine Art Tauschgeschäft vorstellen: Wir tauschen eine teure Aktie, gegen eine gleich gute, aber billigere Aktie. Unser Depot hat sich kaum verändert, aber wir haben Geld verdient!
Der Strategie liegen folgende Erkenntnisse zugrunde:
- Der Markt bepreist Aktien anhand ihrer Performance nie optimal. Das heißt, alle Aktien sind entweder zu billig oder zu teuer.
- Für die Bewertung einer Aktie ist der Preis, zu dem diese erworben wurde, völlig irrelevant. Uns interessiert nicht, was wir gestern gemacht haben, sondern wie wir heute Gewinn machen können!
- Bargeld wirft keine Rendite ab
- Spreads über AGs hinweg ermöglichen Handel, der direkt den eigenen FP steigen lässt, ohne, dass die Depot-Performance sinkt. Einfacher gesagt: Wenn wir eine teure Aktie gegen eine billigere, gleich gute tauschen, machen wir Gewinn!
Analyse des Depots
Der angehende Arbitrageur muss regelmäßig sein Depot sichten. Dabei interessiert ihn folgende Fragestellung: Welche AGs weisen eine ähnliche Performance auf? oder bei einem extra für diese Pair Trading Strategie abgestimmten Depot: Weisen alle AGs eine ähnliche Performance auf?
Hat man schon ein breit gestreutes Depot, muss man die Menge an AGs partitionieren. Dazu teilt man das Depot in Gruppen gleichwertig performender AGs ein. In jeder Gruppe sollten danach nur noch Mitglieder mit vergleichbarer Performance sein. Zum Kennzeichnen der Gruppierung bieten sich die Kategorien im Depot an (z.B. zwei Gruppen Allgemein und Wichtig) oder über kurze Bemerkungen im Notizfeld (z.B. − −, − , +, ++ usw.).
Das Pair Trading wird auf Mitglieder einer Gruppe angewendet. Im optimierten Depot besteht das ganze Depot aus einer großen Gruppe ähnlich performender Aktien. So wird die Sache stark vereinfacht, da nicht täglich Gruppen gebildet und überprüft werden müssen. Die Faustregel „Nie weniger als 3 Mitglieder je Gruppe“ hat sich bewährt. Dadurch wird sichergestellt, dass es in jedem Marktumfeld Handelsmöglichkeiten gibt. Nach oben hin sind keine Grenzen gesetzt. Tendenziell werden die kleinen, teuren AGs durch das Pair Trading schnell zu Gunsten günstigerer AGs verschwinden.
Um die Performance einer AG zu bestimmen, gibt es viele Möglichkeiten. Die Meinungen der Marktteilnehmer, wie man eine gute AG von einer schlechteren unterscheidet, gehen weit auseinander. Hier gibt es nicht die eine richtige Metrik. Jeder muss eigene Kriterien entwickeln. Bewertungskriterien sind z.B.:
- FP-Entwicklung 14/30-Tage (nur im AG-Profil einsehbar)
- Wachstumshighscoreplatz
- FWP
- Menge der Kapitalerhöhungen
- Zertifikatshandel
- usw.
Handeln
Der Markt bewertet gleichperformende Aktien selten wirklich gleich. Wie gesagt, sind Aktien immer entweder zu teuer oder zu billig. Wenn wir nun aber annehmen, dass zwei Aktien eigentlich gleich gut sind, können wir einen Effekt beobachten, der bei einer einzelnen Aktie unmöglich wäre, bei mehreren gleich guten Aktien aber auftaucht: (Geld-FP)/FP [bei Aktie 1] ist größer als (Brief-FP)/FP [bei Aktie 2]. Diesen Spread eines Aktienpaares (engl. pair) kann man gewinnbringend nutzen. D.h. wenn man eine Aktie teurer verkauft, als man eine gleichwertige zukaufen kann, steigt der eigene FP instantan und das Depot verschlechtert sich nicht, da die zugekaufte Aktie ja genauso gut (oder ähnlich gut) ist, wie die verkaufte. Im optimalen Fall kann man sogar eine bessere Aktie günstiger erwerben, als man eine schlechtere verkaufen kann.
Wie bestimmt man, welche billig gekauft und welche teuer verkauft werden kann?
Dazu aktiviert man im Depot zwei Spalten: Geld-FP und Brief-FP. Sortiert man sein Depot absteigend nach Geld-FP, erhält man die AGs, die am Markt teuer gekauft werden (vgl. Abb. 1). Ebenso erhält man bei einer Sortierung aufsteigend nach Brief-FP die Aktien, die man am günstigsten erwerben kann (vgl. Abb. 2). Ist der Wert Geld-FP größer als der Brief-FP-Wert bei einer gleichwertigen AG, kann man getrost erstere verkaufen und die erschwinglichere zukaufen.
Die Differenz der beiden Beträge kann man direkt als FP-Gewinn verbuchen. Vorsicht: Wenn man eine größere Menge Aktien verkauft, muss man auch für das gleiche Geld-Volumen zukaufen können. Wird z.B. nur eine einzelne günstige Aktie angeboten und der nächste größere Block billiger Aktien ist teurer als die verkauften Aktien, macht man einen FP-Verlust. Diesen kann man dann nicht mehr aktuell auflösen. Es bleibt eine entsprechende Order aufzustellen und zu hoffen, dass sie bedient wird. Oder den Verlust als Lehrgeld zu verbuchen.
Der schnellste Handel ist mit live getradeten AGs möglich, also den TOP50 des Größenhighscores. Hier sind auch fast immer Brief- und Geldorders vorhanden, so dass zu jeder Tageszeit Arbitragehandel möglich ist.
Ist der Markt teuer, stockt der Arbitrage-Handel eher, als wenn der Markt billig und die Stimmung schlecht ist. Das ist ein Erfahrungswert und nur durch Empirie belegbar. Hier zeigt sich vermutlich ein psychologisches Phänomen: Ist eine AG lange sehr weit unter FP, neigen Marktteilnehmer zu Frustverkäufen. Da die Kurse aber gleichzeitig auch sehr günstig sind, werden die liquiden Investoren zu großen Kauforders angestachelt. Ist der Markt teuer, wird weniger gehandelt und die Kursgewinne eher laufen gelassen.
Die Strategie versagt, wenn der Markt handelsfaul wird und weder Brief- noch Geldkurse mit passendem Volumen stellt. Hier kann die Strategie riskanter gespielt werden und passende Orders erstellt werden, ohne dass aktuell schon entsprechende Gegenorders existieren. Das birgt die Gefahr, dass FP-Verluste entstehen, wenn das Geld, das durch eine günstige Sell-Order eingenommen wurde, nicht billiger investiert werden kann und der FP-Verlust voll zum Tageswechsel verbucht werden muss.
Variationen
Hat man in seinem Depot noch hauptsächlich Bargeld oder Anleihen und möchte es auf diesen Pair Trading Ansatz umbauen, lohnt es sich bei den TOP50 einzukaufen. Man kauft einfach alles, was möglichst billig ist und keine ausreißend schlechte Performance aufweist. Zu Lasten günstigster Einkaufspreise kann einfach von allen 50 eine kleine Position aufgebaut werden. Momentan wäre dies vermutlich noch mit einem FP-Gewinn verbunden, da die großen AGs aktuell stark unter Preisdruck stehen.
Eine verschärfte Variante ist der Fokus auf den TOP10 oder TOP20 des Größenhighscores. Diese AGs weisen eine mehr oder weniger gleiche Performance auf, was die Bewertung vereinfacht – sie kann beim Arbitragehandel einfach ignoriert oder selten kontrolliert werden. Man baut sich ein gleichmäßig diversifiziertes Depot auf, das man dann mit dem Pair Trading Ansatz beackert.
Der Fokus auf den großen AGs bietet sich wegen des Live-Tradings (vgl. die Zeitunterschiede in Abb. 3), der starken Handelbarkeit und der großen Kursunterschiede an. Das bedeutet nicht, dass die Strategie nur auf jene AGs anwendbar ist. Sie ist mit allen AGs jeder Größe und Performanceklasse durchführbar. Bei Newcomern bleiben höhere Liquidationsrisiken, geringere Verbreitung der neuen Aktien mit weniger gestellten Buy- und Sellorders und langsamerer Handel mit 5-Minuten-Ticks. Vorteile haben sie durch noch größere Spreads über gleichperfomende AGs hinweg.
Für einen Neuaufbau des Depots zum Pair Trading Handel werden große AGs oder Newcomer empfohlen. Der Mittelstand ist zu teuer. Den FP-Verlust beim Depotaufbau mit AGs aus dem mittelgroßen Bereich muss man dann erst mal wieder rausarbitragieren und bis dahin sieht die eigene FP-Kurve wie ein Unfall aus. Der Pair Trader ist aber auf eine gleichmäßig steigende FP-Kurve durch guten Handel aus. FP-Schwankungen sind da natürlich Gift.
Hat man ein bestehendes Depot und verfolgt mit diesem eine eigene Strategie, kann der Pair Trading Ansatz auch damit kombiniert werden. Kaufgelegenheiten mit günstigeren Briefkursen lassen sich per AG-Suche ausfindig machen. Der höhere Aufwand für AG-Suche, Performanceanalyse der gefundenen AGs und Ausrechnen des Brief-FP-Verhältnisses bei Briefkursen unter Kurs, drückt dabei stark auf die Geschwindigkeit in der gehandelt werden kann. Tendenziell führt dieser Ansatz aber zu einem breiteren Depot, da nicht nur bestehende Positionen umgeschichtet, sondern auch neue aufgebaut werden.
Fazit
Arbitragehandel ist im AG-Spiel sehr leicht möglich, indem man zwei vergleichbare Aktien, davon eine billiger als die andere, gegeneinander tauscht. Die im Vergleich zum FP teure wird verkauft und die im Vergleich zum FP billige wird gekauft. Man kann so in jedem Marktumfeld, insbesondere aber in stagnierenden oder fallenden Märkten Geld verdienen. Kursbewegungen können einem egal sein, solange überhaupt Kursbewegungen stattfinden. Insgesamt erscheint die Strategie fast risikofrei, sehr einfach umzusetzen und für AGs jeder Größe praktikabel. Des Weiteren kann sie problemlos durch andere Handelsansätze ergänzt werden.
Auswirkungen auf den Markt
Diese Strategie ist robust. Sie hat sich bewährt im teuren wie im billigen Marktumfeld und kommt ohne Bargeld aus. Barmittel werden über Verkäufe losgeist und gleich wieder reinvestiert. Der Pair Trader bringt also einen Käufer und Verkäufer zusammen, die ohne ihn kein Geschäft hätten machen können, da sie mit unterschiedlichen AGs handeln. Er ist folglich eine Art Geldvermittler, der sich eine Provision für diesen monetären Transfer abgreift. Die Barmittel fließen nur durch ihn durch. Der Pair Trader beschleunigt damit den Handel am Markt. Er bringt das Geld dorthin, wo es für Investitionen gebraucht wird.
Dieser Transfer bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den Markt. Denn wo der Markt suboptimal bepreist, gleicht der Pair Trader diese Differenz aus, was in der Konsequenz dazu führt, dass die Kurse sich dem Optimum nähern. Je mehr man so die Kurse angleicht, umso mehr beraubt man sich auch der Möglichkeiten nach dieser Strategie zu handeln. Klar: Die billigen Aktien werden durch die Käufe immer teurer und die teuren Aktien durch die Verkäufe immer billiger. Haben alle Brief- und Geldkurse den gleichen Abstand zum FP, ist für den Pair Trader nichts mehr zu gewinnen. Er muss auf Marktveränderungen warten. Dieser Passivität kann nur mit einem möglichst breiten Depot entgegengewirkt werden.
Die Strategie kommt nicht nur ohne Bargeld aus, für sie ist es auch völlig irrelevant ob eine Aktie teuer oder billig gekauft wurde. Beispiele:
- Aktie A wird für -20% zum FP verkauft, Aktie B wird für -30% zum FP gekauft. FP-Gewinn: 10% des Volumens. Hierbei wurde zwar A massiv unter FP verkauft, was bei Marktteilnehmern Reaktionen von Entsetzen bis Spott hervorrufen kann. Da aber bei B billiger zugekauft werden konnte, gewinnt der Arbitrageur trotz des schwierigen Marktumfeldes.
- Aktie A wird für +40% zum FP verkauft, Aktie B wird für 20% zum FP gekauft. FP-Gewinn: 20%. Hierbei verhält es spiegelbildlich. Der Markt ist teuer, man kauft Aktien stark über FP (im Beispiel B für 20% über FP) und macht trotzdem Gewinn, weil man noch teurer verkaufen konnte.
Zuweilen ist es dem Marktbeobachter nicht ersichtlich, warum der Kurs einer AG steigt oder fällt, wenn es augenscheinlich keine Veränderung in der Bewertung der AG und keine bekannten Gerüchte gibt, die eine solche Bewegung rechtfertigen. Diese Abhängigkeit des Kurses von einer anderen AG ist nicht offensichtlich. In den obigen Beispielen sorgt eine Kursveränderung bei Aktie A dazu, dass auch eine bei B folgt. So können plötzlich Orders ausgelöst werden, die lange standen. Irritationen bei Dritten sind vorprogrammiert.
Durch diese Art des Handels ist es einer kleinen AG selbst ohne Bargeld möglich große Kursbewegungen zu erzeugen. Paradox wird es, wenn man eine AG billiger verkauft, als man sie am gleichen Tag gekauft hat. Für den Beobachter mit mangelndem Durchblick sieht es wie ein Handel mit Verlust aus. Der Pair Trader hat aber einen Spread zu einer anderen Aktie ausgenutzt, der sich im Tagesverlauf ergeben hat. Am Tageswechsel sehr zur Freude der Aktionäre.
Der Pair Trader ist ein Verhinderer von Kurs-Trends. Das klingt zuerst absurd, sorgt er doch für starke Kursbewegungen. Jedoch handelt er nicht mit dem Trend, sondern ihm entgegengerichtet. Er ist ein klassischer Antizykler: Steigt der Kaufdruck bei einer Aktie, verkauft er. Wird abverkauft, kauft er zu. Einen steigenden Trend blockiert er durch Verkäufe, einen fallenden durch Käufe. So kann ein sich beginnender Aufschwung schon im Keim erstickt werden. Dem Pair Trader kann das egal sein, aber andere Marktteilnehmer geraten an ihre Grenzen, wenn sie nicht über genügend Barmittel für einen nachhaltigen Trend aufbringen können.
Dem Markt kommt das dennoch zugute. Denn, wo vorher der Handel stagnierte, floriert er nun durch den Pair Trader. Dieser öffentliche Dienst (John Dahl) stellt dem Markt Liquidität ähnlich einem Market-Maker zu Verfügung. Im Gegensatz zu letzterem sichert der Pair Trader die Handelbarkeit nicht bei einer AG, wie es auch ein klassischer Daytrader (vgl. Daytrading: Die Jagd nach dem schnellen Geld) durch das Stellen von Brief- und Geldkursen tut, sondern über AG-Grenzen hinweg. Seine Strategie steht konträr zu Anleihe- oder Buy-and-Hold-Ansätzen, die das Geld nicht arbeiten sondern liegen lassen. Pair Trading ist also durchweg belebend für den Markt. Durch den schnellen Pair-Handel wird die Schlagzahl erhöht, die Folge sind schnellere Marktbewegungen, letztendlich sorgt Pair Trading dafür, daß der optimale Gleichgewichtspreis eines Assets schneller gefunden wird, was allen zugute kommt. Kursbewegungen jeder Art bieten Gewinnpotenzial und hier ist der Pair Trader in vorderster Front, da er als erster Arbitragegewinnmöglichkeiten aufspürt und nutzt.
Der Pair Trader liebt die unbeliebten Aktien mit denen er sich vollsaugt und wirft die beliebten Aktien den hungrigen Spekulanten in den gierigen Schlund. Er weiß, dass diese Beliebtheit nicht auf die Performance zurückzuführen ist und setzt mit seinem Investment auf späteres rationaleres Bepreisen des Marktes. Mehr noch: Durch sein Handeln bringt er zu niedrige Kurse auf ein angemesseneres Niveau und zu teure Kurse runter. Er macht die Kurse besser.
Der FP dankt’s.